Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Liebe Gäste!
Ob in der Kita, in der Pflege oder bei der Bekämpfung der Klimakrise – überall brauchen
wir gut ausgebildetes Personal. Deutlich wird das beispielsweise bei der Zukunftsaufgabe der Energie- und Wärmewende. Wir brauchen dazu Meister und Master: den Ingenieur mit Masterabschluss, der die neuen Photovoltaikmodule entwickelt, genauso wie den Dachdeckermeister, der sie am Ende auf dem Dach montiert. Meister und Master ergänzen sich. Beide verdienen die gleiche gesellschaftliche Anerkennung. Wir haben in Deutschland ein sehr differenziertes Bildungs- und Ausbildungssystem, um das man uns mancherorts sehr beneidet. Aber woran es mangelt, das sind die Durchlässigkeit und ein gerechter Zugang zu den unterschiedlichen Ausbildungsmöglichkeiten. Uns Bündnisgrünen ist hierbei besonders wichtig: Das Einschlagen eines Ausbildungsweges darf keine Festlegung für das ganze Leben sein. Höhere Karrierewege etwa im öffentlichen Dienst, die bisher einen Hochschulabschluss vorausgesetzt haben, müssen für gleichwertige berufliche Qualifikationen geöffnet werden. Denn nur dann, wenn man am Ende der Schullaufbahn weiß, dass einem mit der Ausbildung später wirklich alle Wege offenstehen, wird man sich auch für eine Ausbildung entscheiden. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage, die die Vergleichbarkeit von Ausbildungsberufen und Studienabschlüssen herstellt. Diese Durchlässigkeit ist ein entscheidender Hebel zur Überwindung des Fachkräftemangels. Die Ampelkoalition hat letztes Jahr bereits die größte BAföG-Erhöhung aller Zeiten umgesetzt. Damit wurde auch das AufstiegsBAföG deutlich erhöht. Hier müssen wir weitermachen. Wir brauchen dringend die Strukturreform des BAföG, wir brauchen eine Reform des Aufstiegs-BAföG, und die Förderung nach dem AFBG muss erhöht und für Teilzeitausbildungen endlich geöffnet werden. Wir müssen endlich überall das Schulgeld für angehende Erzieher/-innen sowie Ausbildungen in Gesundheitsberufen abschaffen, weil sich nur dann die Leute frei für eine solche Ausbildung entscheiden können.
Denn was uns wirklich wichtig ist: Welcher Ausbildungsweg nach dem Ende einer Schullaufbahn eingeschlagen wird, das darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Das gilt für das Studium genauso wie für eine schulische Ausbildung. Dazu tragen wir mit dem BAföG bei. Was uns aber ebenso wichtig ist: Die Entscheidung für die Ausbildung muss genauso frei getroffen werden können wie die für das Studium. Wir alle müssen endlich damit aufhören, Abitur und Studium als den erstrebenswertesten Weg zu beschreiben. Mal ehrlich, Hand aufs Herz: Welche Eltern, die Akademiker/-innen sind, sitzen denn zu Hause mit dem 16-jährigen Sohn, mit der 16- jährigen Tochter am Esstisch und sagen: „Hör mal nach der zehnten Klasse auf mit der Schule, statt Abitur zu machen; mach ruhig eine Ausbildung!“? Ist es denn nicht immer noch so, dass die Eltern in der Regel hoffen, das Kind macht Abitur und hoffentlich noch ein Studium, weil sie insgeheim denken, nur dann stehen alle Türen offen? Das müssen wir doch endlich ändern.
Und dazu gehört die schon erwähnte notwendige Durchlässigkeit des Systems. Ich möchte als Mutter meinen Kindern sagen können: Mach das, worauf du Lust hast! Mach das, was du kannst! – Und wenn das nach der zehnten Klasse oder dem Abitur eine Ausbildung ist, dann möchte ich wissen, dass trotzdem alle Türen später offenstehen werden. Wir müssen wegen der größeren Durchlässigkeit noch mehr für Ausbildungen werben. Mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung gehen wir nun auch gezielt an
Gymnasien; denn gerade hier kommt Berufsorientierung bisher häufig viel zu kurz. Wir müssen auch früher mit der Berufsorientierung anfangen. Es ist so wichtig, dass die Berufsorientierung ein integraler Bestandteil des Startchancen-Programms sein wird; denn gerade in herausfordernden sozialen Lagen haben wir noch große Potenziale. Jugendliche aus wirtschaftlich benachteiligten Haushalten brechen verhältnismäßig häufig die Ausbildung ab. Wenn wir hier frühzeitig Schüler/-innen und passenden Ausbildungsberuf matchen, leisten wir einen Beitrag gegen den Fachkräftemangel. Zur Wahrheit gehört aber auch: Alleine durch mehr Ausbildungen hierzulande werden wir dem Fachkräftemangel nicht begegnen können; davor mag man am rechten Rand die Augen verschließen, es stimmt aber trotzdem. Allein um die Folgen des demografischen Wandels auszugleichen, brauchen wir jährlich eine Zuwanderung von 400 000 bis 500 000 Menschen.
Genau deswegen ist es so entscheidend für unsere Zukunft, dass wir ausländische Abschlüsse schneller anerkennen und dass die Ampel mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, eingebettet in eine umfassende ressortübergreifende Fachkräftestrategie, nach jahrelangem Stillstand endlich
etwas bewegt. Klar ist: Wir müssen alle Potenziale nutzen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die AfD trägt leider so gar nichts dazu bei. Wir hingegen werden allen Jugendlichen einen Weg in ein selbstbestimmtes Berufsleben ermöglichen. Dafür ist gute Ausbildung, die mit der akademischen Bildung gleichgestellt ist, ein entscheidender Baustein.
Herzlichen Dank.